Alles im Fluss?
Die Leber ist der Motor des ganzen Körpers. Sie speichert nicht nur das Blut, sondern gewährleistet den freien Fluss von Blut und Qi, verteilt sie im ganzen Körper und bringt sie überall dort hin, wo sie gebraucht werden. Die Leber benötigt deshalb aber auch genug Freiraum, um sich entfalten und den freien Fluss gewährleisten zu können.
Jede Art von Einengung baut in uns Druck auf. Besteht diese Situation über längere Zeit, führt der gleichzeitige Wunsch nach freier Entfaltung zu Frustration, Wut und Zorn. Uns „ist eine Laus über die Leber gelaufen“, wir sind „sauer“ und „speien Gift und Galle“.
Wut zeigt jedoch auch, wenn der freie Fluss in uns durch andere Gefühle unterbrochen wird.
„Jede Emotion, die zu lange und zu intensiv besteht, schädigt das entsprechende Organ UND spannt die Leber an, da diese sich ja über den „fehlenden glatten Fluss aller Dinge, in diesem Fall die Emotion, ärgert“
(Georg Weidinger, Die chinesische Hausapotheke, S. 121)
Alle Arten aggressiver Gefühle, wie Ärger, Wut oder Zorn steigen aus dem Bauch nach oben auf. Durch diese aufsteigende Energie versuchen wir uns aus der Einengung zu befreien. Wir werden angetrieben, Schwierigkeiten zu überwinden, unser Recht zu verteidigen und unsere Ziele weiter verfolgen zu können. Wut darf somit nicht immer nur negativ bewertet werden. Durch sie mobilisieren wir genügend Energie, um erfolgreich handeln zu können und dadurch auch Freude und Erfüllung zu finden.
Die körperlichen Reaktionen bei Wut
Die Emotion Wut ist mit den Sehnen und der Muskelkraft verbunden. Sie stellt die Energie zur Verfügung, damit wir uns verteidigen können. Muskeln und Sehnen werden angespannt, die Fäuste geballt und die Zähne fest zusammengepresst. Wir sind bereit zum Kampf, zur Verteidigung und zum Angriff. Ähnlich wie bereits bei der Emotion Angst beschrieben, kommt es zu einer Stressreaktion, die das Nervensystem aktiviert. Die Verdauung setzt aus, der Blutdruck und die Atemfrequenz steigen. Die Augen sind weit aufgerissen, unser Blick ist scharf. Die Energie in uns steigt wie tosender Wind nach oben auf und erzeugt Hitze, die oft durch einen roten Kopf sichtbar wird. Man fühlt sich wie ein Vulkan vor dem Ausbruch.
Psychosomatische Aspekte der Wut
Wenn wir über lange Zeit sehr viel Wut in uns tragen und diese vielleicht sogar unterdrücken, so staut sich die überschäumende Energie in unserem Körper an. Wie in einem Druckkochtopf sucht sie sich eine andere Möglichkeit, um zu „entweichen“ und den Druck abzubauen, was sich häufig in körperlichen Symptomen zeigt.
Typische körperliche Symptome einer Disharmonie im Funktionskreis Leber-Gallenblase im Zusammenhang mit Wut können sein:
• Innere und äußere Anspannung, Muskelverspannungen und eine verspannte Kiefermuskulatur, welche auch zu Schmerzen oder Krämpfen führen können
• Menstruationsbeschwerden, wie Krämpfe und Schmerzen
• Erkrankungen von Leber und Gallenblase
• Schmerzen unter dem rechten Rippenbogen im Bereich der Leber
• Schmerzen und Symptome im Bereich von Gesicht und Kopf, wie Kopfschmerzen, Migräne, Drehschwindel oder Entzündungen von Gesichtsnerven
• Diverse Augenleiden, wie Bindehautentzündung, trockene oder lichtempfindliche Augen
• Bluthochdruck
• Schlafstörungen und Alpträume, weil Hun nicht zur Ruhe kommt
• Erkrankungen und Entzündungen der Sehnen, sowie Rillen oder Flecken auf den Nägeln (die Nägel sind die Ausläufer der Sehnen)
• Störungen der Verdauung oder Gastritis, da die Holz-Energie die Erd-Energie attackiert
Jedoch kann nicht nur Wut die Leber schädigen, sondern beispielsweise auch gewisse Lebensmittel aggressive Emotionen in uns hervorrufen. So neigen Menschen mit Hitze in der Leber aufgrund von zu viel Alkohol vermehrt zu Wut und Aggression. Oft wird der Alkohol auch noch mit Fleisch und scharfen Gewürzen kombiniert, was eine explosive Mischung erzeugt.
Was kann ich gegen zu viel Wut und Frustration tun?
Stress reduzieren
Probleme im Gefühlsleben gehören zu den wichtigsten Gründen für Holz-Thematiken. Deshalb kann die Ernährung auch immer nur ein Teilaspekt der Gegenmaßnahme sein. Wichtig ist es vor allem sich und seinen Lebenswandel zu reflektieren und – auch wenn es schwerfällt – etwas zu verändern. Stress – sowohl emotional als auch körperlich – und somit Druck zu reduzieren ist eine der wichtigsten Gegenmaßnahmen. Doch auch selbst erzeugter Druck, wie hoch gesteckte Erwartungen, übertriebener Ehrgeiz und Perfektionismus spielen hier ebenfalls eine Rolle. Auch in der Ernährungsberatung ist es wichtig weiteren Druck und Stress zu vermeiden. Weder das Essen an sich, noch die Ernährung oder die Empfehlungen für eine Änderung der Lebensweise dürfen überfordern.
Bewegung
Bewegung ist das zentrale Thema im Funktionskreis Leber-Gallenblase und auch als therapeutischer Ansatz ist die Bewegung nicht zu unterschätzen. Bewegung von außen bringt Bewegung nach innen. Aber vor allem die Bewegung in der grünen Natur ist hier besonders wichtig. Die Farbe Grün, die der Wandlungsphase Holz zugeordnet wird, hilft, unsere Leber-Energie zu harmonisieren. Aber auch Sportarten, wie Boxen können dabei helfen Aggressionen und „Druck“ gezielt abzubauen. Wichtig ist hier jedoch, dass Bewegung nicht mit Leistungssport gleichzusetzen ist. Bereits mäßige Bewegung, wie Waldspaziergänge, Nordic Walking, Yoga und Tanzen sind ausreichend, solange sie regelmäßig ausgeübt werden. Bewegung soll auf keinen Fall ein weiterer Stressfaktor sein, sondern Freude bereiten.
Lebensfreude
Emotionen, wie Wut oder Frustration setzen sich in unserer inneren Haltung fest und können zu einem Hindernis in unserem Leben werden. Wichtig ist daher zu lernen die positiven Aspekte des Lebens wieder wahrzunehmen und Dinge zu tun, die glücklich machen. Egal ob das verwirklichen von Projekten, die man bereits lange aufgeschoben hat, mehr Zeit mit Menschen zu verbringen, die einem Kraft geben oder das Erfüllen eines Herzenswunsches. Durch das Ausleben der Dinge, die uns Freude bereiten und glücklich machen, sind wir in der Lage wieder die lebensbejahenden Aspekte des Lebens wahrzunehmen. Wir sehen wieder neue Möglichkeiten in unserem Leben, die kreative Energie kann wieder fließen.
Geduld
Ungeduld entsteht aus dem starken Drang, seine Bedürfnisse rasch erfüllt zu bekommen. Tritt die Bedürfnisbefriedigung nicht wie gewünscht ein, löst sie in uns Ärger aus. Ungeduld ist somit eine starke Willenskraft, die rasch in aggressive Emotionen und Frustration umschlagen kann. Es ist jedoch möglich mit Frustration, bewussten Verzicht und Aufschub umgehen zu lernen, ohne Impulse zu unterdrücken oder mit Ungeduld und Wut zu reagieren.
Erhitzendes meiden
Langanhaltende Wut wirkt erhitzend, weshalb durch das weitere Zuführen von Hitze von außen die Wut und die damit verbundenen Symptome weiter verstärkt werden. Scharfes Essen, heiße Gewürze, Alkohol, Fleisch und frittierte Speisen wirken besonders erhitzend und sollten unbedingt vermieden werden.
Fasten
Wut ist ein Zustand, der in uns zu einer Fülle führt. Vergleichbar ist diese Situation mit einem übervollen Fass, das der kleineste Tropfen zum Überlaufen bringt. Fasten kann dabei helfen, das „Fass“ zu entleeren, damit es nicht gleich wieder voll wird. Jedoch sollte das Fasten gezielt eingesetzt werden. Es geht darum, herauszufinden, was das Fass am meisten auffüllt, um dort dann den Rotstift anzusetzen. Fasten ist bewusster Verzicht, nicht nur in Bezug auf Nahrung, sondern auch auf Dinge und Tätigkeiten, die uns be- oder überlasten. So können sowohl Grünkern-Getreidefasten als auch digitales Fasten entlastend wirken.
Lebensmittel aus dem Holz-Element
Der saure Geschmack ist der Wandlungsphase Holz und dem Funktionskreis Leber-Gallenblase zugeordnet. Sauer zieht zusammen, leitet die Energie nach innen und hält die Körpersäfte im Körper. Im Falle von Stagnationen, wirkt sauer jedoch durch seine adstringierende Wirkung verstärkend.
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